“Was die Landschaft zwischen Haar und Mohne erzählt”, so lautete der Titel für die Festschrift zur 350-Jahrfeier der Schützenbruderschaft St. Pankratius Körbecke, die vom 27. Mai bis 30. Mai 1961 unter der Schirmherrschaft des damaligen Ministers für Bundesangelegenheiten und Stellvertreter des Ministerpräsidenten von NRW, Dr. Artur Sträter, festlich begangen wurde. Anschaulich schilderte Bernd Wübbecke in dem heute noch lesenswerten Büchlein Freud und Leid der Menschen zwischen Haar und Möhne im Laufe der Jahrhunderte, skizzierte die historische Entwicklung und wies überzeugend nach, wie eng Dorfgeschichte und Schützengeschichte immer miteinander verknüpft waren. Den ersten Hinweis auf die Existenz einer Schützenbruderschaft in Körbecke lieferte ein Silbertaler aus dem Jahre 1611, der zusammen mit einem silbernen Schützenvogel aus dem gleichen Jahre heute noch im Besitz der Schützenbruderschaft St. Pankratius ist. 1715 werden zahlreiche Häuser und die Kirche ein Raub der Flammen, als bei den Vorbereitungen für das Schützenfest ein Schütze sein Gewehr ausprobierte, und der brennende Pfropfen das Strohdach eines Nachbarhauses entzündet. Ein starker Wind sorgt dafür, daß sich das Feuer in Windeseile ausbreitet. Pater Zepherinus aus dem Orden der Minderen Brüder in Soest erleidet schwere Verbrennungen, als er das Cimborium aus der brennenden Kirche holt, und stirbt. Beim Wiederaufbau der Kirche gestaltet Heinrich Stütting den meisterhaften Barock-Altar. Ein Kunstwerk ähnlicher Art ist im näheren und weiteren Umkreis nicht zu finden.
Während des Siebenjährigen Krieges leidet Körbecke unter wechselnder Besetzung, und sowohl Franzosen wie Preußen und ihre jeweiligen Verbündeten nehmen mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Den silbernen Schützenvogel aber finden sie nicht. Den hat ein Schütze unter einem Häuschen mit Herz versteckt.
1818 erfolgt eine Neugründung der Schützen-Gesellschaft. Ein neuer Hauptmann wird gewählt und ein Vereinsschreiber, der die Chronik führt. 214 Mann aus dem gesamten Amt Körbecke waren Mitglied in der Schützen-Gesellschaft. Das Schützengelag dauerte damals drei Tage, aber jeweils nur bis Mitternacht. Wer später noch in einem Wirtshaus angetroffen wurde, mußte mit empfindlichen Geldbußen rechnen.
Ab Mitte des vorigen Jahrhunderts sind die Protokollbücher noch vorhanden. Und die geben nahezu lückenlos Auskunft über die Versammlungen und Schützenfeste:
1848 wird eine neue Körbecker Schützengesellschaft gegründet, deren Statuten und Reglement im Besitze der Schützenbruderschaft St. Pankratius sind. Darin heißt es: “Jedes Mitglied hat den Befehlen des Hauptmanns und sämtlicher Vorstandsmitglieder willigen Gehorsam zu leisten. Möchte dieses wider Erwarten nicht geschehen, so tritt Bestrafung ein”. Dem Vorstand gehören der Hauptmann, mehrere Lieutenants, der Feldwebel, der gleichzeitig Pendant ist, und der Fähnrich an. “Derjenige, welcher den Vogel abschießt, ist Schützenkönig und erhält aus der Schützen-Casse zwei Thaier Preußisch-Courant ausbezahlt”.
In dem Protokollbuch von 1848 ist auch ein Schützenverzeichnis, in das sich bei der Gründungsversammlung dieser neuen Körbecker Schützen-Gesellschaft 48 Mitglieder eintragen und sich durch Unterschrift verpflichten, daß sie sich den “Statuten und dem Reglement unterwerfen wollen”. Die Liste enthält viele Namen, die heute noch jeder in Körbecke kennt: Ebel, Leifert, Spiegel, Stephanblome, Holzgreve, Plesser, Lichte, Böhmer, Knappstein, Brune, Bräutigam, Spork, Speckenheuer, Tigges, Stork, Peck. Die Berufe reichen von Gutsbesitzer bis Schweinehirt, Handwerker, Bauern und Knechte sind verzeichnet, aber auch der Lehrer und Polizeidiener.
1865 Im ersten Versammlungsprotokoll vom 21. Mai wird vermerkt, daß der “seitherige Hauptmann Leopold Holzgreve seinen Posten am 14. dieses Monats niedergelegt und abgedankt hat”. Zu seinem Nachfolger wird Joseph Giese gewählt.
1866 Die Anschaffung eines Schützenzeltes wird beschlossen. Das Schützenfest findet 14 Tage nach Pfingsten statt.
1869 In einer Vorstandssitzung wird der Vorschlag gemacht, ein “Restaurationsgebäude in die Mergelkuhle bei der Vogelstange zu bauen”.
1870 Als Nachfolger für Joseph Giese, dessen Frau an einer langwierigen, schweren Krankheit leidet, wird August Plesser zum neuen Hauptmann gewählt.
1871 In einer außerordentlichen Generalversammlung geht es um die Frage, ob überhaupt ein Fest gefeiert werden soll. Der deutsch-französische Krieg hat auch in Körbecker Familien Opfer gefordert. Das Schützenfest wird gefeiert.
1875 Beim Abholen des Königs und der Königin sollen diese beiden bei einer Strafe von 5 Mark die Gesellschaft weder mit Bier noch Wein oder sonstigen Getränken oder Speisen regalieren.
1876 1800 Liter Bier sollen bei Brauer Brune in Werl bestellt werden.
1879 Vor dem Fest sollen die Erinnerungsplaketten am Schützenvogel und die Zahl der Medaillen festgestellt und nach dem Fest überprüft werden, ob noch alle vorhanden sind. Souvenirjäger schon Anno 1879?
1880 Hauptmann August Plesser lehnt Wiederwahl ab und wird wegen seiner Verdienste zum Major befördert. H. Tigges wird neuer Hauptmann.
1881 Fähnrich Holzgreve soll zum 25jährigen Dienstjubiläum mit einer Medaille ausgezeichnet werden.
1883 Oberst August Plesser legt endgültig sein Amt nieder. Ein neuer Oberst wird nicht gewählt. Hauptmann Tigges führt die Schützengesellschaft.
1887 Wer nicht mit ausmarschiert, zahlt eine Mark Strafe in einen Fond für die Anschaffung einer neuen Fahne.
1888 Kosten des neuen Schützenhauses vorgelesen (aber leider sind diese nicht ins Protokoll aufgenommen).
1890 Zur Verschönerung des Festplatzes sollen Bäume angepflanzt werden.
1893 Versuchsweise Abschaffung des Freibieres beschlossen (45 für Abschaffung, 37 dagegen).
1894 Freibier wieder eingeführt.
1898 Kriegerverein wünscht Ermäßigung der Hallenmiete: Abgelehnt.
1900 Beckersche Brauerei zu Soest macht Angebot für Bierlieferung. Schützen wollen weiter Bier von Brune aus Werl haben, der “die Gesellschaft seit Jahren gut bedient” hat. – Erstmals Haupmannswahl durch Stimmzettel. August Plesser (ein Sohn des vormaligen Obersten) erhält mit 40 die meisten Stimmen. – Sturm beschädigt Vogelstange. In außerordentlicher Generalversammlung am 29. April Abstimmung über die Frage Vogel schießen oder Scheibenschießen? Mehrheit für Vogelschießen. Alte Vogelstange wird “nach amerikanischen Sitten” versteigert. Für 21,74 Mark erwirbt Schreinermeister Joh. Schledde die Stange. Für einen Teil des Geldes wird Bier getrunken. Der Rest soll an den Übungsabenden vertrunken werden.
1902 Neuer Hauptmann Hermann Leifert. Unfallversicherung erörtert. Anschaffung von Biermarken abgelehnt. Wegen der Mission wird auf das Schützenfest verzichtet.
1903 Haftpflicht diskutiert. Abzeichen für Schützenfest beschlossen. Prämien beim Vogelschießen, “um Lust zum Schießen zu fördern”.
1904 Eintrittskarten am Eingang des Schützenhofes.
1905 Geck soll wieder abgeschossen werden. Der König wünscht, daß die Königin eine rot-weiße Schärpe trägt. Vermerk des Protokollführers: “Genehmigt, wenn derselbe dieselbe bezahlt”. – In einer außerordentlichen Generalversammlung am 28. Mai wird die Anschaffung eines Festanzuges beschlossen. Kittel kosten “3 Mark sofort oder drei Jahre je 1 Mark; ohne Nähen”. Hüte in einer Farbe und Facon; weiße Hosen sind erlaubt. -12. Juni: Einstimmiger Beschluß, den Kindern kein Bier zu verabreichen, dafür passende Getränke wie Limonade oder Zuckerwasser kostenlos. – 29. Juni: Planierungsarbeiten des Schützenhofes sollen fertiggestellt werden. Jedes Vereinsmitglied verpflichtet sich, sich einen Tag unentgeltlich daran zu beteiligen, oder wenn er nicht kann, einen Tagelohn in die Kasse zu geben. Wer ein Pferd hat, muß ebenfalls unentgeltlich einen Tag mit Wagen oder Karren helfen.
Der Schützenanzug, bestehend aus blauem Kittel, Schützenhut und weißer Hose, soll bei jeder “Vereinsformierung”, auch bei Prozessionen und Beerdigungen getragen werden. – Pastor Schulte wird wegen seines großen Interesses für den Schützenverein zum Chef desselben ernannt. (Der erste Präses?)
1906 Bei genügender Beteiligung soll eine “Photographierung” im Gruppenbild erfolgen.
1908 Hauptmann Hermann Leifert tritt in außerordentlicher Generalversammlung am 28. Mai zurück. Nachfolger wird Bernhard Schäferhoff. – Weil auch bei den Prozessionen keine rege Beteiligung ist, wird beschlossen, den “Festanzug gänzlich fallen zu lassen”. – Beim Vogelschießen soll der Büchsenmacher Barella aus Soest bestellt werden.
1909 Neue Statuten sollen angefertigt werden. Freibier wird endgültig abgeschafft, weil es “1. nicht mehr zeitgemäß ist und weil 2. von der Polizeibehörde bzw. von der Regierung die Abschaffung des Freibieres gewünscht wird”. Nur zwei sind in der Abstimmung dagegen, 70 sprechen sich für die Abschaffung des Freibieres aus. – Anbau für Schützenhalle erörtert, Garderobe, zwei Bierstände und Küche. Kommission gewählt.
7. März 1909: Neue Statuten. Schützenverein soll beim Amtsgericht Soest eingetragen werden. Eintrittsgeld von 4,50 auf 5 Mark erhöht, Jahresbeitrag 1,50 Mark. – Baukommission berichtet: Bau soll in vorgesehener Weise ausgeführt werden. Kosten bewilligt – 3000 Mark. Freiwillige Zeichnung von Anteilscheinen zu je 5 Mark, der Rest soll durch Anleihen gedeckt werden.
20. Juni 1909: Hauptmann Schäferhoff wird zum Obersten gewählt. Eberhard Plesser wird Hauptmann.
September 1909: Vergrößerungsbau der Halle kostet 5000 Mark, 2000 Mark Darlehen bei der Sparkasse.
Dezember 1909: Bau kostet 6000 Mark. Oberst Schäferhoff dankt für Verlobungsglückwünsche und spendiert Freibier. Neujahr Familienfeier mit Verlosung, Theater und “comische Vorträge”.
1910 Eintragung des Vereins nicht für nötig gehalten. Festanzug soll beibehalten werden.
1911 “Wir müssen uns für unsere Fahne schämen: Wir kämen am billigsten an an eine neue, wenn die, welche gut und glänzend an die Sperre verkauften, eine kleine Gabe dazu schenkten”. (Der Bau der Möhnetalsperre war im Gange.)
Das eigentlich in diesem Jahre stattfindende Jubelfest zum 300jährigen Bestehen der Schützenbruderschaft wurde wegen der Einweihung der Möhnetalsperre auf 1912 verlegt.
1912 In mehreren Vorstandssitzungen und Versammlungen geht es hauptsächlich um das Jubelfest zum 300jährigen Bestehen, das vom 9. Juni bis 11. Juni gefeiert wurde.
Text aus Jubiläumsschrift der Schützenbruderschaft 1986